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"Wohin soll ich winken?"

Sonntag zwölf Uhr mittags: Der Südost hat sich beruhigt und auf Süd gedreht, wir verlassen erleichtert Maasholm und die Schlei. Martha, Oli und Salty sind vorneweg. Frieda haben wir beim Segelsetzen überholt, Admiral Jakob wabert auch um uns herum mit dem gleichen Ziel Marstal. Halber Wind und alte Welle gegenan – nicht meins, ich richte mich auf eine lange, langweilige Geduldsprobe ein. Ich habe aber beim Briefing gesagt: Kein Segeltag ohne Überraschungen. Oh, wie recht ich mal wieder habe!

Mai 2024

Zunächst rufen lauter Yachten Bremen Rescue zu einem Radio Check. Ich möchte zu Protokoll geben, wie ich das mache: Ich schalte Handfunke und Einbau-Funke auf den gleichen Kanal. Drücke auf der Handfunke press-to-talk – wenn es funktioniert, knackt es. Dann drücke ich an der großen Funke PTT, und wieder knackt es. Fertig, beide Geräte funktionieren, und wenn es Probleme mit der Reichweite gibt, werde ich das später feststellen. Für gediegene Segler gehört es aber scheinbar dazu, sich die Funktionsfähigkeit ihrer Elektrik vom Notrufkanal höchstpersönlich bestätigen zu lassen, also rufen sie Bremen Rescue. Einer nach dem anderen. Vermutlich vom Vorgänger inspiriert. Der junge Mann am Funk nimmt es gelassen: „Ich heute der Tag der Radio Checks?“ Ein älterer Segler bitte um „einen Rapport.“ Antwort: „Einen Rapport haben wir nicht im Angebot, aber wenn sie einen Radio Check möchten - laut und klar.“

Die Dünung beruhigt sich, der Wind legt kaum zu, doch plötzlich sausen wir mit unerklärlichen bis zu sieben Knoten über den Belt. Kurz vor Vejsnæs Nakke werden daraus hoppelige dreieinhalb, von Kiel her zieht ein Schauer auf. Es donnert. Dann nochmal. Dann erneut. Hm. Das Handy hat mich ja schon im dänischen Netz willkommen geheißen, ich checke den Regenradar von DMI. Fazit: Zieht genau zu uns. Wir wählen einen östlichen Kurs, um vielleicht verschont zu bleiben. Ich weiß es ja, habe es gestern noch den Gästen gesagt: Man kann einem Gewitter kaum ausweichen. Die Prognose ist schlicht ein Fortführen der bisherigen Zugbahn, doch es schlägt Haken.

Auf halbem Wind lässt sich die Zelle aber viel besser beobachten, als wenn sie hinter uns wäre. Und das noch recht kühle Wasser der Ostsee nimmt ihr vorläufig die Energie. Da ist kein Böenkragen. Da kommen keine Schaumkronen auf uns zu. Seit einer halben Stunde war kein Donner zu hören. Die Wolke biegt ab nach Langeland. Ich beruhige die Gäste über Funk, wir fallen wieder ab. Es regnet ein bisschen, eine schöne fünfer Bö bringt uns wieder voran. Querab über Langeland bekommen wir eine schöne pyrotechnische Show von zwei Blitzen und zwei Donnern geboten, bevor der Kram nach Norden abzieht. Das Telefon klingelt, das Display verrät: Erik ruft an.

Dass er sich einfach nur mal wieder melden will, ist unwahrscheinlich. Ich gehe ran und sage: „Wohin soll ich winken?“ Erik: „Wir fahren gerade den Berg rauf.“ Gemeint ist die Steigung bei dem großen, roten Bauernhof in der Marstal Bugt, wo die Hauptstraße der Insel eine gehörige Steigung nimmt. Mit im Wagen sitzen Hille und Michael von Folkeboot Lene. Sie wollen in Marstal Burger essen bei Sønderrendens Perle, und ob ich mitkomme. Ich gehe gleich mal an die Funke und motiviere die Gäste zu diesem kulinarischen und gruppendynamischen Highlight.

Als Paula souverän in die Sønderrende einbiegt, werde ich ein bisschen emotional. Es ist immer ein besonderer Moment, nach einem langen Winter zum ersten Mal wieder nach Dänemark zu segeln, und fast immer ist dies hier unser Ziel. Aber diesmal ist es wirklich nicht selbstverständlich, hier funktionierende Infrastruktur und taugliche Steganlagen vorzufinden. In dänischen Gewässern ist manche Tonne vertrieben, manche Mindertiefe gemeldet, aber wenn das alles ist, sind wir gut zufrieden. Die ersten neuen Badehäuser stehen schon, nachdem die Sturmflut sie alle abgeräumt hat.

An der Hafeneinfahrt winken Hille und Michael. Hille ruft: „Was für ein schöner Zufall.“ Ich antworte: „Glaubst du an Zufälle, wenn es um Folkeboote geht? Da haben doch irgendwelche Absprachen stattgefunden.“ Natürlich hat Paula Lene und Pommery längst telegraphiert, dass sie auf dem Weg nach Marstal ist. Natürlich haben die Boote einen so guten Draht zu ihren Eignern, dass sie einfach mal zum Burgeresssen schicken. Und natürlich hat mindestens Erik, während er im Auto am Ufer entlangfährt, einen Blick dafür, dass da fünf Folkeboote sind. Um diese Jahreszeit können das nur wir sein. Kein Zufall also, sondern eine Bootsverabredung. Es tut wirklich gut, die drei zu sehen, deren beiden Boote nun im geschundenen und reparierten Hafen von Aerøskøbing nebeneinander liegen.

Erik möchte aufsteigen, aber beim südlichen Wind finden wir keinen geeigneten Platz, sondern verabreden uns an Bro 5. Schon an Steg 2 hüpft er bei zweieinhalb Knoten Fahrt aufs Vorschiff und wirft sich hilfesuchend an Paulas Mast. Ich öffne die Klemme des Fallstreckers und sage: „Die Fock kann runter.“ Der Anlegeservice in Marstal ist vorzüglich: Erik hat Paulas Fock schon aufgerollt, als Michael und Hille die Vorleinen annehmen. Gemeinsam zerren wir die Charterboote in ihre Boxen. Die Gäste sind genauso vorzüglich: Sie lassen sich Zeit, machen alles kontrolliert, verlassen sich auf den kompetenten Vorleinenservice. Dann ignorieren wir den erneut einsetzenden Regen und gehen gemeinsam Burger essen.

Sönke und Peter waren schon letztes Jahr Anfang Mai dabei, als wir die Einweisung im Nieselregen in dicker Daunenjacke machten, erst am Donnerstag die Schlei verlassen konnten und mit Ach und Krach noch einen Abstecher nach Eckernförde schafften. Der Rest sind neue Kunden, aber sie sind gut vorbereitet: Thomas hat vorweg zwei Tage Training gebucht am Mittwoch und Donnerstag. Richard und Inga einen Tag Training am Freitag. Natalie und Sven bekommen eine gründliche Einweisung am Samstagvormittag. Dreieinhalb Tage Einweisung sind anstrengend, doch die Mühe hat sich gelohnt: Als wir am Samstagnachmittag nach Maasholm segeln, habe ich vollstes Vertrauen zu den Gästen, sie kennen ihre Boote und ihre Aufgaben. Dementsprechend gesittet und sicher gehen die Segel rauf und runter, passieren wir die Brücke, legen wir mit vereinten Kräften an.

In Maasholm treffe ich auch meinen Kollegen Sven von klassisch-am-wind. Wir plaudern ein bisschen, Erfahrungsaustausch hauptsächlich – Sven ist ein überaus sympathischer Zeitgenosse und zu Beginn seiner dritten Saison als Vercharterer weiterhin motiviert. Gemeinsame Bier- und Klönschnackabende haben bisher nicht stattgefunden – mit junger Familie und Renovierung eines alten Bauernhauses hat er Anderes um die Ohren. Zwischenmenschlich gäbe es aber wohl beiderseits nichts dagegen einzuwenden, und die Gelegenheit wird sich bestimmt noch ergeben.

In den letzten Jahren habe ich hauptsächlich Boote, Wasser und Landschaften fotografiert und sehr wenig Menschen. Dafür sprechen Datenschutz und Persönlichkeitsrechte. Um so mehr gilt das, wenn ich im Text Negativerlebnisse oder Konflikte mit einzelnen Personen schildere – es nützt ja nichts, den Namen zu ändern, wenn derjenige auf den Fotos eindeutig zu erkennen ist. Dieses Jahr habe ich mir vorgenommen, wieder mehr Menschen abzubilden. Diese Gruppe ist eine gute Gelegenheit: Mit Konflikten ist nicht zu rechnen, es ist absolut harmonisch, gelassen, gesellig und sympathisch. Was noch auffällt: Alle können segeln, wir bleiben über Stunden dicht beieinander, kein Boot fällt zurück. Der Veröffentlichung ihrer Fotos haben alle zugestimmt unter der Auflage, niemanden unvorteilhaft darzustellen mit verkniffenem Gesicht oder ungeschickter Körperhaltung. Zu sehen sind sie durchaus in konzentrierter Anspannung beim Vorbereiten der Segel oder der Kartenarbeit.

Montag. Nordwest 4-5 abnehmend 3 und westdrehend. Ziel Gamle Havn. Wir sausen einfach mal los. Es sind fünf Meilen weniger als die 22 gestern – auf denen ich froh war über das Gewitter, weil es Action brachte in die latente Langweile des Einfach-nur-Geradeaussegelns. Heute haben wir einen Schlag querfeldein zum Mørkedyb, das wir anschließend aufkreuzen, bevor wir ins Højestene Løb abfallen und Skarø umrunden, um uns schließlich unseren Weg zum Gamle Havn zu suchen. Langer Rede kurzer Sinn: Es ist kurzweilig. Immer was zu tun. Schönstes Segeln. Und eine Spur Nervenkitzel.

In einer alten Seekarte hatte ich alle approaches zum Gamle Havn eingezeichnet mit Kursen und Koordinaten – die ist jetzt nicht mehr an Bord. Ich zirkele die Untiefen ab in dem Sinne, wie weit westlich wir sein müssen, bevor wir wie weit nach Süden vordringen. Die Schwestern machen das auch und orientieren sich an unserem Beispiel. So erreichen wir die Rinne zum Hafen – die man tunlichst von Westen her ansteuern muss, nicht von Norden oder Osten, denn dort ist es flach. Aber was ist mit der Rinne selbst? Sie könnte nach der Sturmflut gehörig zusedimentiert sein, neigt ja sowieso zur Versandung. Der Hafen, verrät das Fernglas, ist leer und erwartet uns.

Das Groß ist unfallfrei geborgen, Paula segelt mit zwei Knoten nur mit der Fock. Die Rinne beginnt mit einem blassgrünen und einem blassroten Ball. Da sind schonmal nur zehn Zentimeter Wasser unterm Ballast. In der Rinne wird es gleich wieder erheblich tiefer. Und bleibt auch so. Aber nicht für ewig. Wenn das Echolot 0,7m anzeigt, kommen wir fest. Es zeigt: 1,6m / 1,2m / 1,0m. Wir segeln weiter. 1,2m – ich atme auf. 1,0, dann 0,9, ich schlucke. Wir haben ungefähr die halbe Rinne schon geschafft, konzentriert halte ich Paula, nach vorne und immer mal auch nach hinten peilend, in der Mitte. 0,8. 0,7. Oha! Es kratzt, Ballastkiel auf Sand und Muschelschalen. Der speed geht runter von zwei Knoten auf einen – doch wir segeln weiter. Und wir schaffen es. Fock runter. Aufstoppen an den Pfählen. Von Hand rückwärts in die hinterste Ecke, damit wir morgen bei Ostenwind gut starten können.

Die Charterboote haben auch die eine oder andere kleine Grundberührung, doch sie laufen nacheinander ein in perfekter Staffelung: Kaum ist das eine Boot fest, trifft ohne Wartezeit das nächste ein. Die Gruppe ist schwer zu übertreffen: Es passt zwischenmenschlich, es passt seglerisch, beim Anlegen sind alle ruhig, geduldig und konzentriert. Den Rest erledigen die Boote und ich und die Festmacher, wobei ich gerne alle einbeziehe, die schon bereitstehen, um jedes Boot zu drehen und rückwärts an seinen Platz zu ziehen – den Programmpunkt Gruppendynamik können wir als erledigt abhaken.

Thomas spendiert das Anlegebier aus dem Kühlschrank im Clubhaus. Alles ist noch an seinem Platz nach der Sturmflut, sogar das Clubhaus und der Kühlschrank! Auch hier ist am 21. Oktober alles übergelaufen, aber der Hafen blieb vom Wellenschlag verschont. Es ist ein mindestens genauso emotionaler Augenblick wie gestern: Mein Lieblingshafen existiert noch, was dieses Jahr nicht selbstverständlich ist, und alle meine Boote sind drin. Alle meine Gäste freuen sich, bedanken sich für das spannende Erlebnis. Sven kündigt schon an, sich nicht zu beschweren, falls sich der Segeltag und der Hafen nicht mehr toppen lassen.

Morgens ist das Wasser erheblich höher, das Auslaufen kein Problem. Martha kommt trotzdem zweimal fest – man muss in der Rinne schon geradeausfahren statt in Schlangenlinien. Mein Problem ist aber ein anderes: Vorgenommen haben wir uns Barsø, 33 Meilen über den Lille Belt. Nach vierzehn Uhr werden dort nur noch 2-3 Windstärken sein, wir müssen also jetzt erstmal zügig vorankommen. Ich rechnete mit gut fünf Knoten, und finde, die brauchen wir auch, aber nördlich von Avernakø sind es selten mehr als 4,5. Platt vorm Laken bei strahlendem Sonnenschein ist es schönstes Segeln, aber ich möchte vermeiden, dass wir fernab jeglichen Hafens auf dem Belt verhungern. Relativ früh beschließe ich die Planänderung: Lyø statt Barsø. Als Paula Oli überholt, ruft Thomas rüber: „Gute Entscheidung!“ Im nächsten Moment brist es ein bisschen auf, und der Seegang lässt vermuten, dass anderswo als auf unserer Strecke die ganze Zeit schon stetigerer Wind war.

Gleichwohl legen wir an, mittags ist das letzte Boot fest. Im Nachhinein bin ich sicher, wir hätte Barsø geschafft. Aber dann wären wir schon wieder spät angekommen und hätten keine Zeit gehabt, die Insel zu erkunden. Diese Möglichkeit haben wir jetzt, einen ganzen Nachmittag lang, und die Fahrräder im Hafen erlauben einen guten Eindruck von der schönen Insel. Sönke und Thomas kommen dabei ins Schwitzen, als der Uferweg schließlich aus weichem Sand besteht, bevor Teile von ihm durch die Sturmflut einfach weggebrochen sind – Schieben ist angesagt. Der Wind legt zu und schwächelt wieder. Wie es draußen auf dem Belt aussieht, wissen wir nicht. Ich denke, Lyø richtig zu machen anstatt Barsø nichtmal halb, ist dann doch die richtige Wahl.

Ich frage Hafenmeister John nach dem Wasserstand in der Sturmnacht. Heute Nachmittag hat er mit Helfern als letztes den Badesteg repariert, alles ist klar und funktioniert – doch was sich auch hier abgespielt hat am 21. Oktober, möchte ich gar nicht vollständig wiedergeben. In wörtlicher Übersetzung einer dänischen Wendung sagt John: „Der Badesteg hat die Flucht genommen über die Mole“ und endete am Mittelsteg. Teile des Anlegers der Traditionssegler haben sie später auf der Trille gefunden. Der Hafen ist recht neu und solide, hat es gut überstanden, der Rest war viel Glück und viel Mühe, so dass es jetzt so aussieht, als hätte es nie eine Sturmflut gegeben.

Die wird weiterhin Gesprächsthema bleiben, aber die Saison lange nicht so beeinflussen, wie es Ende Oktober zu befürchten war. Mittwoch warten wir erstmal auf die Thermik und laufen wieder erst mittags aus. Man kann durchaus Strecke machen an diesem Nachmittag: Pommery bricht in Aerøskøbing auf und ist um sieben bei uns. Im Hinblick auf den Rückweg zur Schlei macht es für uns aber wenig Sinn, uns allzu weit zu entfernen, also ist das Tagesziel Dyreborg gleich ums Eck. Um bei dem schönen Wind die Strecke ein wenig zu verlängern, schlage ich eine Runde um Bjørnø vor. Und wenn dir da schon sind, können wir auch gleich noch in Korshavn nachsehen, ob es dem Hafen wieder gut geht.

Neben einem schönen Segelnachmittag lautet das Fazit: Korshavn kann angelaufen werden, Strom und Wassertiefen habe ich nicht probiert. In Dyreborg wird die Elektrik gerade erst neu verlegt, die Nordmole ist eine lose Schüttung aus Betonbrocken, wo noch die Abdeckung fehlt. Vemutlich war die Betonauflage schon länger unterspült, und als ein guter Meter Wasser auf ihr lastete, brach sie zusammen. Der Hafen ist aber benutzbar, demnächst wird man die Schäden nicht mehr ahnen.

Bevor wir das herausfinden, müssen wir erstmal anlegen. Die Charterboote treffen vor Paula und mir ein - sie haben den Abstecher nach Korshavn irgendwann abgebrochen und dadurch einen Vorsprung. Salty und Martha kommunizieren per Funk. Fazit: Der Hafen sei sehr, sehr miniklein, da soll lieber Nicolas zuerst rein. Also warten sie auf uns. Und wir machen eine Show: Wir segeln vorm Wind mit dem Groß rein und fahren einen Aufschießer. Ich kenne den Hafen und habe mir die aktuelle Liegeplatzsituation gut angeguckt, andernfalls hätte ich das nicht gemacht, und es ist gar nicht für die Galerie, sondern es ist ja viel einfacher, draußen nur schnell die Fock zu bergen und mich dem Groß drinnen zu widmen, während Paula langsam auf den Liegeplatz zutreibt. Das mag beeindruckend souverän aussehen und ist es ja auch, aber es wäre ja schlimm, wenn wir das nach sechzehn Jahren nicht draufhätten.

Ich bin eher von den Gästen beeindruckt, die alle bei laufendem Motor vor Topp und Takel einlaufen und dann perfekt das Boot in den Wind drehen, Fahrt abbauen und langsam an ihren jeweiligen Liegeplatz tuckern. Die machen das in dieser konkreten Form nämlich nicht seit sechzehn Jahren, sondern erst seit vier Tagen. Salty spendiert heute das Anlegebier.


Gegen neunzehn Uhr sitze ich unter der Kuchenbude und schreibe am Törnbericht, als Paula suggeriert, ich könne doch jetzt das Foto machen: Das mit der inzwischen fertig aufgeklarten Oli im Vordergrund und den hübschen Häusern am Waldrand im Hintergrund. Ich krabbele also an Land – und wer saust auf mich zu? Pommery, der rote Blitz aus Aerøskøbing! Erik wusste, wo er uns finden würde, aber ich hatte nicht damit gerechnet, dass die beiden das schaffen. Der Wind hielt, und jetzt sind sie da. Es ist angenehm unbeschwertes Segeln in diesen Tagen.

Am Donnerstag machen wir das obligatorische Whalewatching auf dem Weg nach Fyns Hav. Wir segeln die zehn Meilen in drei Stunden, unterbrochen von drei Pausen, in denen sich der eine oder andere Schweinswal blicken lässt. Der Hafen ist weitgehend repariert, und wir gehen Pizza essen. Ich bin eingeladen und darf deshalb nicht schreiben, dass Qualität des Essens und Ambiente des Lokals nicht jeden hungrigen Gourmet begeistern werden. Wer zu später Stunde in fußläufiger Entfernung eine sättigende, genießbare Mahlzeit sucht und über Flaschenbier aus dem Selbstbedien-Kühlschrank hinwegsieht, wird aber gut zufrieden zum Hafen zurückkehren – so wie wir. Dreieinhalb von fünf Sternen, die Aussicht auf den Belt ist nämlich auch sehr hübsch.

Früh um sechs laufen wir aus, um zu einer vernünftigen Uhrzeit in Arnis zu sein – es wird bei dubiosem West zwischen 2 und 4 der längste Schlag der ganzen Woche. Es ist wolkenverhangen und kühl, aber es bleibt trocken, und es läuft. Um zwanzig vor elf sind wir am Leuchtturm und beginnen die Schlei aufzukreuzen – viel Verkehr, aber zu 99% aus Richtung Kappeln. Viertel vor eins gehen wir durch die Brücke, zwanzig nach eins legen wir an.

Nach dem Sturmfluttrauma und dem Winter brauchte ich dringend schöne Segeltage – sieben solche hatte ich nun. Mit dieser Gruppe hätte ich es länger ausgehalten – und mein Gefühl sagt, dass ich sie alle nochmal wiedersehen werde.


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